Rechner für das personalisierte Risiko einer Tuberkulose bei Vorliegen einer LTBI
Rishi K. Gupta und Kollegen stellten im Oktober 2020 in Nature Medicine ein Rechenmodell vor, womit sich das individuelle Risiko für die Entstehung einer aktiven Tuberkulose bei Vorliegen einer LTBI in Niedriginzidenzländern ermitteln lasse.
Das Risiko im Laufe des Lebens an Tuberkulose zu erkranken wird für Menschen mit latenter Tuberkuloseinfektion auf 5-10% geschätzt, eine präventive Therapie senkt dieses Risiko um 65-80%. Das individuelle Risiko ist dabei sehr variabel, nämlich zwischen 0,3 und 84,5 je 1000 Personenjahren, je nachdem welche Subpopulation man betrachtet. Der positiv prädiktive Wert für die Entstehung einer Tuberkulose bei Nachweis einer latenten Tuberkuloseinfektion mit den derzeit verfügbaren Tests liegt selbst bei Risikogruppen bei unter 5%. Studien zeigten, dass die Ausprägung der T-Zellantwort auf Mycobacterium (M.) tuberculosis mit dem Erkrankungs-Risiko korreliert. Dies alleine scheine aber nicht ausreichend, um ein individuelles Risiko abzuschätzen.
Um das individuelle Risiko für die Entstehung einer Tuberkulose in Niedriginzidenzländern (<20 Tuberkulosefälle/100.000 Einwohner) abschätzen zu können, werteten die Autoren Daten aus 18 Kohorten-Studien aus 20 Ländern aus, die zwischen 2002 und 2018 veröffentlicht wurden. Diese enthielten Datensätze von 80.468 Menschen, welche auf latente Tuberkuloseinfektion getestet wurden. Es wurden nur Daten aus Niedriginzidenzländern verwendet, da eine Diskriminierung zwischen Aktivierung einer vorbestehenden latenten Tuberkuloseinfektion und einer Neuinfektion sonst nicht möglich ist. Die Analyse ergab unterschiedliche Risiken für das Auftreten einer Tuberkulose abhängig von Alter, Migration aus einem Hochinzidenzland, Immunstatus sowie Ausprägung der T-Zellantwort auf M. tuberculosis. Anhand der Datensätze von 528 Patienten entwickelten die Autoren ein Rechen-Tool, mit dessen Hilfe das individuelle Risiko für die Entstehung einer aktiven Tuberkulose ermittelt und dadurch der Benefit einer präventiven Therapie für den Einzelfall abgeschätzt werden kann. Aus den Angaben zum Alter der Personen, Testmethode (QuantiFERON, T-Spot.TB und/oder Tuberkulin-Hauttest), Ausprägung des Testergebnisses, Grund für die Testung (Umgebungsuntersuchung), Migrationsstatus, HIV-Status sowie stattgehabte (Organ)-Transplantation wird ein Wert für das individuelle Risiko mit und ohne präventive Therapie ermittelt, innerhalb der nächsten 5 Jahre an aktiver Tuberkulose zu erkranken.
Detaillierte Angaben finden Sie im Originalartikel: Gupta RK et al. Discovery and validation of a personalized risk predictor for incident tuberculosis in low transmission settings. Nat Med. 2020 Dec;26(12):1941-1949. doi: 10.1038/s41591-020-1076-0. und unter http://www.periskope.org.