Welche Rolle spielt Vitamin C bei der Behandlung von Tuberkulose?
Am 03.01.2018 wurde eine neue Laborarbeit von Vicheze und Jacobs vom Albert-Einstein-College of Medicine, New York veröffentlicht, in der durch Zugabe von Vitamin C zu einer Therapie von Rifampicin und Isoniazid, die Bakterienlast in Tuberkulose-infizierten Mäusen schneller reduziert werden konnte [1].
In der Studie wurden TB-Zellkulturen wie auch Tuberkulose-infizierte Mäuse mit INH und Rifampicin behandelt, sowohl mit als auch ohne Vitamin C. Durch die Zugabe von Vitamin C zu den Zellkulturen sei es zu einer schnelleren Sterilität (gemessen in PFU/plaque forming units) gekommen. Anschließend wurden Tuberkulose-infizierte Mäuse mit Rifampicin und Isoniazid behandelt, ein Teil der Mäuse erhielt zusätzlich Vitamin C. Nach vier und sechs Wochen Behandlung zeigte sich eine Reduktion des Bakterienlast in beiden Gruppen, wobei in der Vitamin-C behandelten Gruppe dieser schneller erreicht werden konnte. Die Autoren schlussfolgerten, dass durch Vitamin C die Behandlung der Tuberkulose verkürzt werden könne. Allerdings gab es zwei Punkte zu bedenken. Der Effekt konnte nur bei einer hohen Infektionsdosis mit M.tuberculosis nachgewiesen werden. Bei Mäusen, die mit einer geringeren Dosis infiziert worden waren, war kein Unterschied zwischen der Rifampicin/Isoniazid allein oder mit Vitamin C nachweisbar. Auch die benötigte Dosis an Vitamin C konnte nur durch eine intravenöse oder intraperitoneale Applikation erreicht werden. Inwieweit dies in die klinische Anwendung übertragbar sei, ist nicht sicher.
Die Gruppe um Catherine Vicheze und William Jacobs aus NY hatten bereits 2013 eine Arbeit zu Vitamin C und Tuberkulose in Zellkulturen veröffentlicht. Darin wurden Zellkulturarbeiten mit Tuberkulosestämmen und mit Vitamin C (z.T. hochdosiert) und INH durchgeführt [2]. Unter Vitamin C und INH zeigte sich nach einigen Tagen eine Zellkultursterilität, welches die Autoren auf eine sogenannte Fenton-Reaktion zurückführten. Dabei führt Vitamin C zusammen mit Eisen zu einer Vielzahl von Reaktionen, die zum Abtöten der Bakterien führt. Dieser Effekt ließ sich auch bei resistenten Tuberkulosestämmen nachweisen. Die Daten standen im Wiederspruch zu einer anderen Laborgruppe, die keinen Unterschied festgestellt hat, sondern sogar einen gegenteiligen Effekt unter Vitamin C berichtete [3]. Anzumerken ist vielleicht noch, dass auch eine Zellkultursterilität bei ausschließlicher Zugabe von Vitamin C erreicht wurde, was auf verschiedene Effekte zurückgeführt wurde.
In der DZK-Leitlinie wird Vitamin C als Therapieadjuvans nicht empfohlen. Auch bei WHO und der Union wird Vitamin C nicht erwähnt.
Bei der PubMed-Suche zu Vitamin C und Tuberkulose gibt es über 200 Treffer, wobei die allermeisten Laborarbeiten sind und die meisten einem Benefit von Vitamin C gegen Tuberkulose (meist in Zellkulturen) sehen. Qualitativ hochwertige klinische Studien zum Thema Vitamin C und Tuberkuloseerkrankung/ Beeinflussung gibt es nicht. Allerdings liegen einige Beobachtungsstudien und retrospektive Auswertungen vor. In einer finnischen Studie eine geringere Infektionsrate mit TB gesehen, wenn die Probanten eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse zu sich nahmen [4]. In einer asiatischen Beobachtungsstudie hat man diesen Vorteil einer Vitamin-C-reichen Ernährung nur bei starken Rauchern gezeigt, wohingegen andere Probanden ein ähnliches Risiko für die Infektion/ Erkrankung mit TB hatten [5]. In einer neueren Studie zu VitaminC-Level bei tuberkulöser Meningitis (als Ausdruck von oxidativem Stress) zeigte sich eine topische wie auch systemische Reduktion von Vitamin C, welches sich auch im Laufe der Behandlung nicht ganz normalisierte. Die Autoren schlussfolgerten daraus einen erhöhten oxidativen Stress. Der Effekt von Vitamin C auf die Behandlung sei zu untersuchen. [6]. In einer tansanischen Studie wurde Kindern mit einer pulmonalen Tuberkulose Vitamin C gegeben, dies zeigte keinen Effekt auf radiologische Veränderungen/ Gewichtszunahme oder Mortalität, allerdings verbesserte sich der Hb [7].
Zusammenfassend lässt sich sagen, das die kürzlich publizierte Arbeit von Vilcheze und Mitarbeitern ein bislang schlecht belegtes Thema untersucht: Die adjuvante Therapie der Tuberkulose. Hier handelt es sich somit nicht um eine direkt antibakterielle Wirkung, sondern um die Verstärkung der Wirkung von Antiinfektiva durch zusätzliche zytotoxische Effekte. Diese Forschung ist insofern von Bedeutung, weil die Wirkung – wahrscheinlich – unabhängig von der Resistenz der Mykobakterien gegen Standardmedikamente der Tuberkulosebekämpfung ist. Vitamin C ist darüber hinaus preiswert herzustellen und die Wirkung auf den Menschen auch in hohen Dosen bekannt. In klinischen Untersuchen gab es bisher keine überzeugenden Daten und auch die Verträglichkeit in Kombination mit Tuberkulostatika könnte bei den erforderlichen Dosierungen problematisch sein. Unbenommen hiervon ist, dass eine gute, kalorienreiche, ausgewogenen und vitaminreiche Ernährung für die Genesung von Tuberkuloseerkrankten von Vorteil ist.
(Eine Stellungnahme des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose DZK e.V. https://www.dzk-tuberkulose.de/)
Literatur:
- Vilchèze C, Kim J, Jacobs WR Jr. Vitamin C potentiates the killing of Mycobacterium tuberculosis by the first-line tuberculosis drugs isoniazid and rifampicin in mice. Antimicrob Agents Chemother. 2018 Jan 3. pii: AAC.02165-17. doi: 10.1128/AAC.02165-17. PubMed PMID: 29298757.Antimicrob Agents Chemother. 2018 Jan 3. pii: AAC.02165-17. doi:10.1128/AAC.02165-17.
- Vilchèze C, Hartman T, Weinrick B, Jacobs WR Jr. Mycobacterium tuberculosis is extraordinarily sensitive to killing by a vitamin C-induced Fenton reaction. Nat Commun. 2013;4:1881. doi: 10.1038/ncomms2898. PubMed PMID: 23695675; PubMed Central PMCID: PMC3698613.
- Taneja NK, Dhingra S, Mittal A, Naresh M, Tyagi JS. Mycobacterium tuberculosis transcriptional adaptation, growth arrest and dormancy phenotype development is triggered by vitamin C. PLoS One. 2010 May 27;5(5):e10860. doi:10.1371/journal.pone.0010860. PubMed PMID: 20523728; PubMed Central PMCID:PMC2877710.
- Hemilä H, Kaprio J, Pietinen P, Albanes D, Heinonen OP. Vitamin C and other compounds in vitamin C rich food in relation to risk of tuberculosis in male smokers. Am J Epidemiol. 1999 Sep 15;150(6):632-41. PubMed PMID: 10490003
- Soh AZ, Chee CBE, Wang YT, Yuan JM, Koh WP. Dietary Intake of Antioxidant Vitamins and Carotenoids and Risk of Developing Active Tuberculosis in a Prospective Population-Based Cohort Study. Am J Epidemiol. 2017 Aug15;186(4):491-500. doi: 10.1093/aje/kwx132. PubMed PMID: 28520939
- Miric D, Katanic R, Miric B, Kisic B, Popovic-Katanic N, Nestorovic V. Changes in vitamin C and oxidative stress status during the treatment of tuberculous meningitis. Int J Tuberc Lung Dis. 2013 Nov;17(11):1495-500. doi: 10.5588/ijtld.13.0017. PubMed PMID: 24125457
- Mehta S, Mugusi FM, Bosch RJ, Aboud S, Chatterjee A, Finkelstein JL, Fataki M, Kisenge R, Fawzi WW. A randomized trial of multivitamin supplementation in children with tuberculosis in Tanzania. Nutr J. 2011 Oct 31;10:120. doi:10.1186/1475-2891-10-120. PubMed PMID: 22039966; PubMed Central PMCID:PMC3229564