Tuberkulose – Gibt es die eigentlich noch?
In der vergangenen Woche war in der Tagespresse von einem Tuberkuloseausbruch an einer Schule in Baden-Württemberg zu lesen, bei dem 4 Kinder an Tuberkulose (TB) erkrankten und mehr als 100 Kinder infiziert wurden. Sollte man sich nun Sorgen machen, dass die TB nach Deutschland zurückkehrt?
Kleinere Ausbrüche wird es leider in Deutschland immer wieder geben. Sie ändern aber nichts an der Tatsache, dass TB hierzulande eine seltene Erkrankung ist. Nur ein kleiner Teil der infizierten Kinder könnte auch tatsächlich krank werden. Der Nachweis einer Infektion bedeutet dabei nicht, dass jemand ansteckend ist. Es bedeutet lediglich, dass man ein Risiko trägt, krank und möglicherweise auch ansteckend zu werden. Die Gesundheitsämter in Deutschland tragen Sorge dafür, dass Menschen mit einem besonders hohen Erkrankungsrisiko nach einer Infektion vorsorglich behandelt werden können. Die sogenannte Umgebungsuntersuchung aller Menschen aus der Umgebung eines an TB Erkrankten hat neben anderen Maßnahmen dazu geführt, dass TB in Deutschland selten ist.
Tuberkulose ist in Deutschland eine seltene Erkrankung geworden
Das war nicht immer so. Noch bis nach dem 2. Weltkrieg war TB eine der Haupttodesursachen in Deutschland. Viele können sich noch an die Zeit erinnern, als man der im Volksmund Schwindsucht genannten Erkrankung hilflos gegenüber stand. Mittlerweile gibt es eine medikamentöse Therapie, die im Normalfall zur Heilung führt. Übrig geblieben ist dennoch die Angst vor dieser Erkrankung, die ehemals einem Todesurteil gleich kam. Die oft besorgten Reaktionen auf einen Tuberkuloseausbruch sind daher verständlich und sollten dazu führen, dass die Gesundheitsämter in ihrer wichtigen Funktion unterstützt werden. Sie sollten jedoch nicht zu irrationalen Reaktionen oder zur Stigmatisierung der Betroffenen verleiten. Denn das würde die Kontrolle eines Ausbruches schwieriger als notwendig machen.
In den Jahren 2014 / 2015 gab es ebenfalls Anlass über TB zu berichten, da die Fallzahlen vorübergehend durch vermehrte Migration gestiegen sind. Dennoch ist die Erkrankung selten geblieben und es bestand nicht die Gefahr einer Rückkehr der Tuberkulose nach Deutschland. Neben der Erkenntnis, dass die Tuberkulose auch in Deutschland ihren Schrecken immer noch nicht verloren hat, haben wir aus dieser Zeit etwas gelernt. Die weltweite politische Situation kann dazu führen, dass die Fallzahlen vorübergehend ansteigen. Wir sollten daher die Möglichkeiten erhalten, die wir haben, um Tuberkulose in Krisenzeiten zu kontrollieren. Die Gesundheitsämter und die Ärzteschaft müssen darauf vorbereitet und entsprechend ausgestattet sein.
Weltweit ist immer noch ein Viertel der Menschheit mit TB infiziert
Ein „Insel-Denken“ wäre in Zeiten hoher Mobilität unangebracht, wenn es um eine Infektionserkrankung geht. Weltweit ist immer noch ein Viertel der Menschheit mit TB infiziert. Daraus entstanden im letzten Jahr 10 Millionen Erkrankungen und 1,6 Millionen Todesfälle weltweit. TB zählt damit als einziger Infektionserreger noch zu den 10 häufigsten Todesursachen. Medikamentenresistenzen breiten sich vor allem im Osten Europas aus und Ko-Infektionen wie HIV und Hepatitis erschweren die Behandlung vielerorts. Auf diese weltweit bedrohliche Situation sollte sich unsere Aufmerksamkeit richten. Die medizinische Versorgung von Migranten muss niederschwellig gestaltet werden und wir sollten unserer internationalen Verantwortung gerecht werden. Die UN hat 2018 bei einem Treffen von Staats- und Regierungsoberhäuptern zum Thema Tuberkulose auf die globale Krisensituation hingewiesen und aus Deutschland wurde Unterstützung zugesagt.
Wenn wir in ferner Zukunft also wirklich einmal sagen wollen „Tuberkulose? Die gibt’s nicht mehr!“, dann müssen wir uns international engagieren und am gemeinsamen Ziel der Eliminierung mitwirken.
Interessante Links zu diesem Artikel:
- Gesundheitsamt Landkreis Karlsruhe
- Berichte zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland
- Aktuelle TB Zahlen weltweit
- WHO End TB Strategy