Todesfälle durch Tuberkulose erstmals wieder ansteigend
Am 14.10.2021 wurde der neue Global Tuberculosis Report der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für 2020 veröffentlicht und in der darauffolgenden Woche auf der Konferenz der Internationalen Union against TB and Lung Diseases (IUTLD) vorgestellt. Demnach ist im Jahr 2020 die Mortalität durch Tuberkulose (TB) erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt wieder angestiegen. Gegenüber dem Vorjahr 2019 mit 1,4 Millionen Todesfällen wurden für das Jahr 2020 1,5 Millionen Todesfälle geschätzt. Diese alarmierende Entwicklung wird als eine direkte Folge des Einbruches bei der Fallfindung durch die SARS-CoV-2-Pandemie gesehen. Die geschätzte weltweite Inzidenz lag 2020 mit 9,9 Millionen Fällen sogar gering unter den für 2019 geschätzten 10 Millionen TB-Fällen. Die Anzahl der davon diagnostizierten und registrierten Fälle sank jedoch um 18% von 7,1 auf 5,8 Millionen. Dieser Einbruch bei Fallfindung und Registrierung war in allen WHO-Regionen und insbesondere in den Hochprävalenzländern Indien, Indonesien, den Philippinen und China sichtbar.
Der Anteil der multiresistenten (MDR) TB-Fälle blieb im Vergleich zu 2019 unverändert. Der aktuelle Report zeigt jedoch, dass mit etwa 150.000 MDR-TB-Fällen bei 15% weniger MDR-Patientinnen und Patienten eine Behandlung begonnen werden konnte. Die verbesserten Therapieoptionen führten zu einem leichten Anstieg des durchschnittlichen Therapieerfolgs, der mit 59% immer noch deutlich niedriger ausfällt als bei medikamentensensibler TB (86%). Laut WHO-Schätzungen verbleiben jedoch 2/3 der Menschen mit MDR-TB ohne Therapie.
Durch die notwendige Verschiebung finanzieller und personeller Ressourcen mussten in vielen Ländern die Versorgungsangebote reduziert werden. Auch die Bemühungen, die präventive Therapie in Risikopopulationen zu verstärken, waren davon betroffen. Restriktionen im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie und die Angst vor Ansteckung werden als weitere Gründe für die verminderte Nutzung des Angebots an Diagnostik und Therapie verantwortlich gemacht. Erschwerend kamen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie hinzu. Zunächst wurde nun im Jahr 2020 ein Anstieg der Gesamt-Mortalität der Tuberkulose registriert. Durch den vergrößerten Pool an nicht behandelten und ansteckungsfähigen Fällen wird jedoch in den nächsten Jahren auch ein Anstieg der registrierten Fallzahlen erwartet.
Die Meilensteine zum Erreichen des internationalen Ziels einer Eliminierung der TB bis 2035 konnten in dieser Situation bei Weitem nicht erreicht werden. Die weiteren Entwicklungen der gemeinsamen Anstrengungen im Rahmen der EndTB-Strategie werden maßgeblich vom Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie abhängen. Die Finanzierung für den Zugang zu Prävention, Diagnostik und Therapie sowie für die Forschung im TB-Bereich blieb 2019 deutlich hinter den geplanten Investitionen zurück. Eine Stärkung der Ressourcen bei der Bekämpfung der weltweiten TB-Epidemie ist dringend notwendig, um die besorgniserregenden Entwicklungen aufzuhalten und katastrophale Folgen für die Betroffenen zu verhindern.
Der Global TB Report wurde dieses Jahr in einer innovativen Internet-basierten Form herausgegeben und ist auch als App erhältlich.