TB-Screening Programm für Geflüchtete aus der Ukraine in Frankreich
Im März 2023 wurden im Journal Eurosurveillance Ergebnisse eines französischen Tuberkulose-Screeningprogramms unter Geflüchteten aus der Ukraine durch Guthmann et al. (1) vorgestellt und diskutiert.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des European Centre für Disease Prevention and Control (ECDC) verzeichnete die Ukraine im Jahr 2020 eine der höchsten TB-Inzidenzen in der europäischen WHO-Region (ca. 68 Fälle pro 100.000 Einwohner) (2). Dennoch gibt es von der WHO/ECDC bisher keine Empfehlung für ein universelles TB-Screening für Personen, die aus der Ukraine in ein europäisches Land kommen (2). Es wird aber diskutiert, ob ein aktives TB-Screening, unabhängig von Symptomen oder TB-Kontakten in dieser Gruppe sinnvoll sein könnte.
In Frankreich wurde daher von Februar bis Oktober 2022 testweise ein aktives Screening-Programm eingeführt, in dessen Rahmen 8621 Geflüchtete aus der Ukraine mittels einer Röntgen-Thorax-Aufnahme auf Tuberkulose untersucht wurden (1).
Diese Screening-Strategie zeigte sich tatsächlich als effektive Maßnahme, um TB-Fälle unter den aus der Ukraine geflüchteten Personen zu identifizieren. Es wurden 10 Fälle durch das Screening entdeckt, was mehr als die Hälfte, der insgesamt in diesem Zeitraum gemeldeten TB-Fälle in Frankreich ausmachte. Die Prävalenz der TB-Fälle unter den gescreenten Geflüchteten lag damit bei 116 Fällen pro 100.000 Personen und somit höher als die durchschnittliche Prävalenz in der Ukraine und auch deutlich höher als die durch die französischen Gesundheitsämter geschätzte Zahl.
Sieben der 10 gefundenen Fälle waren asymptomatisch und wären ohne das Screening möglicherweise unentdeckt geblieben. Dies ermöglichte auch die frühzeitige Identifizierung von hochansteckenden Fällen und MDR-TB-Stämmen, und somit eine rechtzeitige Behandlung.
Doch es wurden auch die Herausforderungen deutlich, die eine solche Screening-Intervention mit sich bringt. So war es häufig schwierig rechtzeitig nach Ankunft ein Screening anzubieten und in vielen Fällen wurden die Röntgen-Untersuchungen durch die Geflüchteten abgelehnt.
Kommentar des DZK: In einer Studie, die vorrausichtlich im August publiziert wird, kommen Häcker et al. mit einem methodisch anderen Ansatz ebenfalls zu dem Schluss, dass die Prävalenz der TB-Fälle bei Geflüchteten in Deutschland deutlich über dem Erwartungswert liegen. Beide Studien legen nahe, dass internationale Empfehlungen eventuell überdacht und angepasst werden sollten, um die Tuberkulosekontrolle unter den derzeitigen Bedingungen zu verbessern. Eine gute Tuberkulosekontrolle braucht geschultes Personal und finanzielle Unterstützung, um die Effektivität solcher Programme weiter zu steigern.
- Guthmann, J.; Fraisse, P.; Bonnet, I.; Robert, J. Active tuberculosis screening among the displaced population fleeing Ukraine, France, February to October 2022. Euro Surveill. 2023
- European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Testing for tuberculosis infection and screening for tuberculosis disease among refugees arriving in European countries from Ukraine. Stockholm: ECDC; 2022.