Neue WHO-Leitlinie zur Diagnostik der Tuberkulose
Die WHO hat eine neue Zusammenfassung ihrer Leitlinien zur Diagnostik der Tuberkulose herausgegeben. Diese sprechen sich nun für die Verwendung molekularer Schnelltests als primäre Diagnostik insbesondere bei pulmonaler Tuberkulose und TB-Meningitis aus.
Die WHO empfiehlt nun vier verschiedene Testverfahren.
1. Real-Time-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR, Echtzeit-PCR)
Über die Vervielfältigung von DNA-Abschnitten mittels einer PCR kann genetisches Material von M. tuberculosis direkt nachgewiesen werden. Dabei haben molekularbiologische Verfahren eine höhere Sensitivität als die Mikroskopie und können auch in mikroskopisch negativen Proben DNA von Tuberkulosebakterien detektieren. Von der WHO evaluierte kommerzielle PCR-Systeme für Tuberkulose sind Xpert/RIF®, Xpert Ultra (Cepheid, USA) und Truenat TM MTB, MTB Plus und Truenat MTB-RIF Dx (Molbio Diagnostics, Indien). Die WHO empfiehlt, dass bei Erwachsenen und Kindern mit Verdacht auf pulmonale Tuberkulose die primäre Untersuchung des Sputums, bei Kindern auch Magensaft, Nasensekret oder Stuhl mittels Xpert/RIF und Xpert Ultra erfolgen sollte. Bei Verdacht auf tuberkulöse Meningitis sollte der Liquor bevorzugt mittels Xpert Ultra untersucht werden. Bei Verdacht auf extrapulmonale Tuberkulose können die Materialien aus Urin, Lymphknotenbiopsie, Pleura-, Peritoneal-, Perikard- oder Synovialflüssigkeit mittels PCR untersucht werden.
2. Line Probe Assays (Streifenhybridisierungstests, LPA)
Auch hier werden DNA-Sequenzen nachgewiesen. Diese Methodik ist technisch komplexer als die Echtzeit-PCR es können aber auch weitere Resistenzen der Erstlinientherapie wie Isoniazid (erste Generation LPAs) und der Zweitlinientherapie wie Fluorchinolone oder injizierbare Medikamente (zweite Generation LPAs) detektiert werden. Von der WHO evaluierte Beispiele sind GenoType® MTBDRplus v1 und v2, GenoType®MTBDRsl (Hain Lifescience GmbH, Deutschland) und Genoscholar TM NTM+MDRTB II (Nipro, Japan).
3. LAMP-Tests (loop-mediated isothermal amplification)
Amplifizierte DNA-Sequenzen werden nach Konjugation mit einem entsprechenden Substrat unter UV-Licht mit dem bloßen Auge nachweisbar. Dieser Test bedarf nur einer einfachen Laborausstattung, es ist aber keine Resistenzbestimmung möglich. TB-LAMP kann daher als Alternative zur Mikroskopie für die Sputumdiagnostik bei Erwachsenen mit Verdacht auf Lungentuberkulose ohne Resistenzrisiko verwendet werden. In Deutschland wird diese Methode nicht vorrangig eingesetzt.
4. LAM-Test (lateral flow urine lipoarabinomannan assay)
Es wird ein mykobakterieller Zellwandbestandteil (Lipoarabinomannan) als Antigen im Urin nachgewiesen. Es handelt sich um einen Point-of-Care Test, der leicht durchzuführen ist, allerdings eine unzureichende Sensitivität und Spezifität hat. Die Sensitivität ist für HIV-Patienten mit reduzierter CD4-Zellzahl besser. Der LAM-Test wird daher für HIV+ Patienten mit weniger als 200 CD4-Helferzellen für hospitalisierte Patienten, beziehungsweise < 100 CD4-Helferzellen für ambulante Patienten in Kombination mit anderen Testverfahren empfohlen. Kommerziell ist derzeit nur Alere Determine TM LAM Ag (Abbot, USA) erhältlich. [1]
Bedeutung der WHO-Empfehlung für Deutschland:
Die Empfehlungen der Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter [2] haben weiterhin bestand. Darin wird eine mehrstufige Diagnostik der Tuberkulose mittels Mikroskopie, molekularbiologischen Verfahren (NAT) und kulturellen Nachweisverfahren mit Resistenztestung empfohlen. Verfahren wie TB-LAMP oder LAM-Test haben in Deutschland derzeit keinen Stellenwert. Die Mikroskopie bleibt in der Beurteilung der Infektiösität der Patienten wertvoll. Molekularbiologische wie auch phänotypische Resistenztestung werden weiterhin simultan empfohlen. In der angemeldeten Überarbeitung der deutschen Leitlinie soll die diagnostische Herangehensweise und der Stellenwert der einzelnen Methoden für Erregernachweis und Resistenztestung überprüft und beurteilt werden.
Neue Entwicklungen:
Die Firma Cepheid (Sunnyvale, USA) hat mit dem Xpert MTB/XDR eine neue Testversion entwickelt. Diese funktioniert wie die bereits bekannten Xpert/RIF und Xpert Ultra, kann jedoch zusätzliche Resistenzen (Isoniazid, Ethionamid, Fluorchinolone, Amikacin, Kanamycin und Capreomycin) detektieren. Die Anwendung wird derzeit überprüft, daher wird diese Methodik in den aktuellen WHO-Leitlinien noch nicht berücksichtigt.
Literatur:
- WHO consolidated guidelines on tuberculosis. Module 3: diagnosis – rapid diagnostics for tuberculosis detection. Geneva: World Health Organization; 2020.
- Schaberg T, Bauer T, Brinkmann F, et al. S2k-Leitlinie: Tuberkulose im Erwachsenenalter. Pneumologie. 2017;71(6):325-397.