Neue Empfehlungen der WHO zur präventiven Therapie bei LTBI
Zum Welttuberkulosetag 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das 1. Modul ihrer konsolidierten Empfehlungen veröffentlicht. Das 1. Thema ist die Prävention und präventive Therapie bei latenter Infektion mit Tuberkulose (LTBI). Diese überarbeiteten Empfehlungen zur Prävention werden ergänzt durch ein neues operatives Handbuch sowie eine digitale Plattform mit verschiedenen Hilfsmitteln wie einer App, Videos und Patientenaufklärungen zur LTBI.
Hintergrund: Die WHO geht davon aus, dass ein Viertel der Weltbevölkerung mit dem Tuberkulosebakterium infiziert ist, 5-10% dieser Infizierten erkranken im Laufe ihres Lebens an Tuberkulose. Ein wichtiger Baustein der END-TB-Strategie ist deshalb die präventive Therapie der LTBI. Auf der UN-Vollversammlung zu Tuberkulose 2018 wurde von den Mitgliedsstaaten deshalb das Ziel bis 2022 formuliert, mindestens 30 Millionen Menschen eine präventive Therapie bei LTBI anzubieten.
- Ein systematisches LTBI-Management wird insbesondere für Hochrisikogruppen für Tuberkulose empfohlen. Hochrisikogruppen sollten immer auf eine latente Tuberkulose getestet und bei Nachweis einer LTBI präventiv behandelt werden. Dazu zählen Menschen mit HIV sowie enge Kontaktpersonen von Patienten mit ansteckender Tuberkulose. Weitere Risikogruppen sind Patienten vor einer Therapie mit TNF-Alpha-Inhibitoren oder vor Transplantation sowie laut WHO Dialysepatienten und Patienten mit Silikose. Für andere Risikogruppen wird nur eine schwächere Empfehlung für ein systematisches LTBI-Management ausgesprochen.
- Die präventive Therapie sollte in Maßnahmen zur aktiven Tuberkulosefallfindung eingebunden werden, insbesondere bei der Umgebungsuntersuchung.
- Als Testverfahren für LTBI werden weiterhin IGRA (Interferon-Gamma-Release-Assay) oder THT (Tuberkulin-Hauttest) empfohlen.
- Folgende präventive Therapiemöglichkeiten stehen zur Verfügung: Isoniazid täglich für 6 oder 9 Monate, Isoniazid und Rifampicin täglich für 3 Monate oder Isoniazid und Rifapentin einmal wöchentlich für 3 Monate. Daneben kann auch eine präventive Therapie mit Rifampicin täglich für 4 Monate oder eine einmonatige tägliche präventive Therapie mit Isoniazid und Rifapentin erwogen werden.
In dem operativen Handbuch werden praktische Hinweise und Empfehlungen für ein programmatisches LTBI-Management im Rahmen eines nationalen Tuberkuloseprogrammes gegeben. Dabei sollten die präventiven Maßnahmen an den jeweiligen lokalen Kontext angepasst werden, wobei das Handbuch als Leitfaden dienen soll.
Dazu wurde auch eine digitale Plattform mit App entwickelt, die eine elektronische Erfassung aller relevanten Parameter und eine Evaluation der präventiven Maßnahmen und des systematischen LTBI-Management-Programms ermöglicht.
Empfehlungen für LTBI und präventive Therapie in Deutschland:
Die Empfehlungen der WHO sollten an den jeweiligen lokalen Kontext angepasst werden. Derzeit gibt es in Deutschland folgende Empfehlungen zur Prävention bei LTBI:
- Die Leitlinie Tuberkulose in Deutschland enthält ein Kapitel zu LTBI und präventiver Therapie. Für die Leitlinie einschließlich dieses Kapitels ist 2020/21 ein Update geplant.
- In den Empfehlungen zur Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose des DZK werden die WHO-Empfehlungen bereits umgesetzt.
- Rifapentin ist derzeit in Deutschland noch nicht zugelassen.