Lancet-Studie zum internationalen molekularen Cluster an MDR-Tuberkulose
Das internationale „MDR-TB Cluster Konsortium“ veröffentlichte am 08. Januar 2018 im Lancet Infectious Disease Journal interessante Daten über die molekularbiologische Nachverfolgung einer Serie multiresistenter Tuberkulosefälle. In den nationalen Referenzzentren für Mykobakterien der Schweiz und Deutschlands wurden 2016 vier multiresistente Fälle auffällig. Daraufhin wurde das mykobakterielle Genom sequenziert (engl.: whole genome sequenzing, kurz: WGS) und mit anderen multiresistenten Fällen in Europa verglichen. Die Autoren folgern aus der Ausbruchsuntersuchung, dass der Ursprung der Fallserie in der Region Somalia / Djibouti lag und dass Übertragungen während auf Fluchtroute nach Europa stattgefunden haben könnten, insbesondere im Lager Bani Walid in Libyen. Zu dieser Fallserie gehören bis jetzt 29 multiresistente Tuberkulosefälle in verschiedenen europäischen Ländern, laut der Veröffentlichung wurden 14 davon in Deutschland diagnostiziert.
Kommentar des DZK: Die Ergebnisse der Studie zeigen, welches Potential in der aktuell noch kostenintensiven molekularbiologischen Untersuchung von Ausbruchssituationen steckt, wo die Übertragungswege nicht im Rahmen der in Deutschland gut etablierten Umgebungsuntersuchung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst identifiziert werden können. In der Interpretation bestätigen die Autoren die Vermutung, dass unter den oft beengten Bedingungen einer Flucht ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehen kann.
In der Summe aber lag der Anteil der multiresistenten Tuberkulosen in Deutschland in den letzten Jahren relativ stabil bei etwa 3% und machte auch im Jahr 2016 lediglich 104 Fälle aus. Hierzulande ist die Multiresistenz also nach wie vor eine seltene Behandlungssituation. Auch in den häufigsten Herkunftsländern der aktuellen Migrationsbewegungen ist eine Multiresistenz verhältnismäßig selten. Daher ist es sehr fraglich, ob der Anteil der multiresistenten Erreger durch die vermehrte Migration der letzten drei Jahre in Deutschland bedeutend ansteigen wird. In den ehemaligen GUS Staaten liegt der Anteil an resistenten Tuberkulosen dagegen deutlich höher. In diesen Ländern sollten die Bemühungen intensiviert werden, um eine Ausbreitung auf andere europäische Staaten zu verhindern.
(Otto-Knapp, Häcker, Bauer)
Die Studie ist frei verfügbar unter:
http://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(18)30004-5/fulltext